Wohl selten hat ein Komponist durch die Wirrungen der Verfolgung und des Exils eine extrem disparate Biographie zwischen Ruhm und Vergessen erleben müssen wie Ernst Toch (1887-1964). Als ein in Wien geborener Jude hat er eine große Berühmtheit in den 20-er Jahren erlangt und wurde zusammen mit Paul Hindemith als führender Repräsentant der sogenannten Neuen Sachlichkeit angesehen. Seine Werke waren sehr präsent und erlangten hohe Aufführungszahlen. Als er dann schon 1933 Hitlerdeutschland verließ, weil er sehr früh der lebensbedrohlichen Gefahr für sich und seine Familie gewahr wurde, war der Höhepunkt seines frühen Ruhms bald dahin. Ab diesem Augenblick begann in Deutschland das Vergessen, nur im Exil in den USA, wo er versuchte an die Erfolge der Weimarer Republik anzuknüpfen, erlangte er Achtung, konnte aber in Deutschland ( ähnlich wie E.W. Korngold) nach dem 2. Weltkrieg nie wieder an seine Glanzzeiten anknüpfen und lebte bis zu seinem Tod 1964 in Kalifornien. Berühmt geworden ist seine eigene Einschätzung, dass er wohl als der am meisten vergessene Komponist des 20. Jh. zu bezeichnen sei. Hierzulande kennt man noch seine unterhaltsame Fuge aus der Geographie für Sprechchor oder das Klavierstück Der Jongleur.
Die Holst-Sinfonietta meint, dass es Zeit ist Toch wieder zu begegnen und widmet ihm deswegen dieses Porträtkonzert anlässlich seines 60. Todesjahrs mit diversen bedeutenden Vokal- und Instrumentalwerken. Die Fuge aus der Geographie darf natürlich nicht fehlen. Hierbei wird das Ensemble vom Leistungskurs Musik des Hans-Thoma-Gymnasiums Lörrach unterstützt.
Programm:
Ernst Toch (1887-1964)
Vokal,- Kammer– und Ensemblemusik
There is a Season for Everything (Text: Ecclesiastes II) für Sopran, Flöte, Klarinette, Violine und Violoncello (1953)
Dedication für Streichquartett (1948)
Fuge aus der Geographie für Sprechchor (1930)
Vanity of Vanities, All is Vanity op. 79 (Text: Ecclesiastes I) für Tenor, Sopran, Flöte, Klarinette und Streichtrio (1954)
Adagio Elegiaco (1950) Bearbeitung für Klarinette und Streichquartett von Klaus Simon (2023) Uraufführung
Poems to Martha op. 66 (Text: Joseph Haft) für Bariton und Streichquartett (1942)
Interpreten
Siri Karoline Thornhill, Sopran
Daniel Johannsen, Tenor
Hans Christoph Begemann, Bariton (artist-in-residence der Saison 23/24)
Leistungskurs Musik des Hans-Thoma-Gymnasiums Lörrach
Holst-Sinfonietta
Musikalische Leitung: Klaus Simon